"Erzmusikanten beim Wassertreten im Spielzeugland"
Das Konzert von M. Walking On The Water im Wangener Longhorn




Den Gang über das Wasser haben sie vor fünf Jahren als Straßenmusiker begonnen und seither sind sie noch nicht naß geworden. Denn ihre musikalische Phantasie hat sie zu einer der besten neuen deutschen Musikkgruppen gemacht. M. Walking On The Water wechselten erst kürzlich von einem kleinen „Independent"-Label zu einer großen, weltweit operierenden Firmengruppe. Die Weichen sind damit in Richtung auf internationalen Erfolg gestellt. Mit dem eben erschienenen Album „Elysian" jedenfalls scheint es möglich, die paradiesischen Gefilde der Liedseeligen und der verdienten Helden der Rockmusik zu erreichen: ein Strauß himmlischer Melodien, der auch die alten, weisen Griechen in einen wonnevollen Zustand versetzt hätte.

Bei ihrem Auftritt im Wangener Longhorn verdeckt erstmal ein im Rondell angeordneter und mit tausend Lichtlein behangener züchtiger Schleier das Tun der funf wackeren Helden, die dahinter einen schrägen Walzer anstimmen. Als der Schleier unter lautem Ah und Oh der rund 500 Zuhörer schliesslich fällt, wird es deutlicher: die krächzende Stimme im Zentrum des musikalischen Orkus gehört Gitarrist Markus Maria Jansen, einem Tom Waits im Westentaschenformat und gutgelaunten Melancholiker, der mit seinem Instrument zuweilen reichlich rüde umspringt. Schon im zweiten Titel „Caress Days" für den er seinen Gesangspart an Tasteninstrumentler Mike Pelzer abgetreten hat, fliegt ihm beim ekstatischen Zweikampf mit seiner Gitarre das Kumpel-Käppchen weg. Doch ist solches Gebaren nur die Zutat zu einem unbefangenen und erfrischend naiven Spiel mit den musikalischen Formen. Beim Titel „Elysian" zum Beispiel schleicht sich eine äußerst eingängige aber nie seichte Melodie ins Ohr, um schliesslich mittels einer unerwarteten Wendung zu Trash-Elementen kurz den Blick auf den musikalischen Hades freizugeben, und danach wieder in den Refrain zu fallen.

Bei den M.'s hat das Methode: Das Volkslied trifft den Popsong, die schluchzende Violine verbrüdert sich mit bierseligen Akkordeons, der Rockabilly trifft ins Chansonhafte und die Stimmung balanciert zwischen Frohsinn und Tristesse. „In The Land Of Toys" heißt ein weiterer ihrer Titel: Wie im Spielzeugland setzen sie ihre Bausteine zu immer neuen Gebilden der Phantasie zusammen und lassen sie wieder einstürzen. Erzmusikanten sind es und gute Wassertreter, die auf ihrem Gang nach Elysium noch viel mitreißende Spielfreude verspritzen werden.

Ulrich Bauer | Stuttgarter Zeitung 26.3.91
Mit freundlicher Genehmigung!


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